Die
österreichischen Schulen waren beim "Qualitätscheck", alle. Getestet
wurde, wie es ihnen gelingt, den Schülern in der vierten
Volksschulklasse das Mathematik-Wissen zu vermitteln, das "Standard" für
alle sein soll, und wie es bei den Schülern in der achten Schulstufe
mit deren Englischkenntnissen aussieht.
Das Ergebnis ist zum Teil no na und beruhigend: Wie anders als klar
besser sollten denn die Gymnasien, die auf eine vorsortierte
Schülerpopulation zurückgreifen können, bei einer solchen Testung
abschneiden?! Alles andere wäre absurd und alarmierend.
Die Fakten: Der Anteil von Kindern mit Eltern, die einen
Uni-Abschluss haben, ist in AHS mit 43 Prozent viermal so hoch wie in
Hauptschulen (elf) und dreimal so hoch wie in Neuen Mittelschulen (14).
Umgekehrt ist der Anteil der Kinder mit sehr hoher bzw. hoher sozialer
Benachteiligung in Hauptschulen (19 Prozent) viermal, in NMS (25)
fünfmal höher als in Gymnasien (5). Das sind Rahmenbedingungen, die
vieles erklären.
Denn noch immer sind die Schülergruppen, die abgehängt werden, sehr
klar zu identifizieren. Soziale Nachteile, die die Kinder von außen
mitbringen, manifestieren sich noch immer als schlechtere
Bildungsleistungen. Wer Eltern mit wenig Bildung hat, wird selbst wenig
Bildung haben. Und "mit Migrationshintergrund" wird es noch schwieriger,
in diesem System zu reüssieren. Das verhärtet und reproduziert soziale
Schieflagen.
Gesellschaftliche Ungleichheitslagen sind aber kein ehernes Erbe. Die
Leistungsdifferenz in Englisch, wo deutschsprachige und
nichtdeutschsprachige Kinder quasi von einer Startlinie losrennen,
erklärt sich fast zur Gänze aus Unterschieden im Sozialstatus, der
Migrationsaspekt wirkt da nicht nachteilig. Das ist ein Ansatzpunkt, den
die Politik - nicht nur die Schulpolitik, die kann es nicht allein! -
ins Zentrum holen muss.
Dass die Neuen Mittelschulen diesen sozialen Chancenausgleich trotz
schwierigerer Ausgangslage (mehr sozial stark benachteiligte Kinder und
auch mehr Schüler mit Migrationshintergrund als die Hauptschulen) - und
mit mehr Ressourcen, wohlgemerkt! -, schaffen und in Englisch gleiche
Leistungen wie die Hauptschulen zustande bringen, zeigt: Wer sich
bewusst mit der Zusammensetzung der Schüler und dem Unterricht, noch
dazu im Lehrer-Tandem, auseinandersetzen muss, macht viel richtig. Es
wirkt.
Die Analyse der Ergebnisse zeigt vor allem eines: Schule bzw.
Schulpolitik muss sich stärker mit außerschulischen Rahmenbedingungen
konfrontieren, wenn sie leisten will, was sie soll. Es bedeutet einen
gravierenden Unterschied, ob man in einer Klasse unterrichtet, in der
fast nur Kinder aus bildungsnahen, saturierten Familien sitzen oder in
einer babylonischen Versuchsanordnung, in der viele den Kopf mit
existenzielleren Problemen draußen vor dem Schultor voll haben.
Da hin müssen in Zukunft mehr Ressourcen. Mut zur Umverteilung - und
die privilegierten Eltern müssen keine Angst haben, dass ihre Kinder
benachteiligt werden könnten. Wer in einem Haus voller Bücher, CDs und
genug Geld aufwächst, dem kann die Schule gar nicht wirklich schaden.
Kein Grund zum Konkurrenzneid von oben.
Man möchte sagen: Entspannt euch! Es ist für euch und eure Kinder
letztlich viel wichtiger, als ihr vielleicht ahnt, ob die, die jetzt in
der Schule an den Pannenstreifen gedrängt werden, danach immer noch
nicht fahrtüchtig sind, um durchs Leben zu kommen. (Lisa Nimmervoll, DER
STANDARD, 1.2.2014)